Die Verräterin
Das Buch
Titel: "Die Verräterin"
Autor: Gudrun Pausewang
Verlag: Ravensburger
Reihe: ---
ISBN: 3-473-58099-6
Originaltitel: ---
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Die Rezensionen
Version 1: Folgende Rezension wurde eingeschickt von Daniel H.
Das Leseparadies-Team dankt ihm für seine mittlerweile dritte Kritik.
Die Verräterin
"Sie dachte an seine rührende Art, ihr zu danken, sah wieder die Todesangst in seinen Augen (…). Sie hatten ihn gehetzt, den halb Verhungerten. (…)
Aber einen Russen zu verstecken, das war Verrat! Sie war also eine Verräterin, wenn sie ihn nicht sofort verriet.
Nur - wäre sie dann nicht auch seine Mörderin.“ (34)
Ja, was war Anna nun? Mörderin – Verräterin? Wer war sie? Geblendetes, kritikloses, Hitler verehrendes Mädchen? Oder doch … anders: Wie ihr Vater? Offen, voller Mitleid und Liebe? Nicht Anna, sondern Eva. So wie ihr Vater sie hatte nennen wollen – damals, als er noch lebte. Ihr Vater. „Felix Brünner, Zauberer. (…) Der Zirkusvogel, der Abrakadabra, der mit ‘nem Tick. Der Landstreicher hereinholte und bewirtete. Der mit Zigeunern Karten spielte!“ (40) Der, der auf sein Gefühl gehört hatte? „Mitleid sei dabei im Spiel gewesen. Und Duldsamkeit gegenüber Fremden. Und Empörung gegenüber Ungerechtigkeit.“ (41)
Ja, ihr Vater. Aber was war mit ihr? Konnte sie das, ihn hier bei sich behalten? Den Russen? Was sollte sie tun? Auf ihr Herz hören? Und das, obwohl man ihr doch beigebracht hatte, nie auf ihr Gefühl zu hören, sondern immer nur auf ihn – den Führer!
Was war nun Gut und Böse? Wo war die Grenze? Gab es überhaupt ein reines Schwarz und Weiß, Feind und Freund?
Fragen einer jungen Frau, die zu schnell erwachsen werden musste. Und das musste Anna. Aber im Krieg war nun mal alles anders, wird Anna klar. Da zählten keine Hausaufgaben und keine Schulnoten mehr. Gut, vor ein paar Monaten hatte sie auch nur daran gedacht. Und vielleicht noch an die modernsten Schlager, die neusten Modehefte und Spielfilme. Aber jetzt war alles anders. Nun, da er gekommen war. Maxim, so hieß er, hatte sie später erfahren. Maxim, der Russe. Ein Russe! Für die Deutschen: Inbegriff des Feindes; das Böse, blutrünstig und grausam.
Aber nicht für Anna. Aus anfangs reinem Mitleid und Nächstenliebe in dem Glauben, einen armen geisteskranken Obdachlosen aufzunehmen, entwickelt sich nach und nach eine Freundschaft zu dem Flüchtling – auch als sie erfährt, wer er ist. Oder besser gesagt: Woher er kommt. Denn – so merkt Anna rasch – die Herkunft eines Menschen kann niemals Aufschluss auf dessen Charakter geben. Ein Mensch bleibt immer noch ein Mensch – egal was man in der Schule beigebracht bekommt.
Eines Tages entdeckt die 15-jährige Anna spät abends auf dem Weg vom Bahnhof in Mellersdorf durch den Wald nach Hause Fußspuren im Schnee, die zur alten Scheune auf dem Gehöft von Annas Familie zuführen. Nachdem sie ihre anfängliche Angst überwunden hat, betritt sie das Gebäude und findet einen stark fiebernden, schlafenden Mann vor, den sie für einen Geisteskranken, der aus seiner Anstalt entflohen ist, hält. Aus Mitleid und reiner Nächstenliebe, die Anna in den darauf folgenden Monaten immer wieder beweisen wird, versorgt sie ihn mit Nahrung und gibt ihm die Kleidung ihres Bruders Seff, der sich derzeit an der Front befindet. Als Anna kurz darauf aber von ihrem jüngeren Bruder Felix, ein begeisterter Hitler-Fanatiker, erfährt, dass ein Russe auf der Flucht ist, erkennt sie die Wahrheit: Sie hat einem Russen geholfen! Einem Russen!
Ab hier beginnt für Anna ein immer währender Konflikt. Ein Kampf zwischen den Prinzipien, die ihr jahrelang Tag für Tag „eingehämmert“ wurden und ihrem Gefühl – etwas, das die Nationalsozialisten mit allen Mittel auszuschalten versuchen.
Ein Konflikt, der Anna oftmals schlaflose Nächte bereitet: Nicht allein die Frage, Helfen oder nicht Helfen, Verräterin oder Mörderin? Noch dazu die Frage, wer war überhaupt im Recht? Hitler oder die Russen? Gab es überhaupt so etwas – Recht? Was war nun gut oder böse? Was war den zum Beispiel mit Felix, ihrem Bruder: Hitler verehrend, ein „Arier“ durch und durch. Ja, das war er! Aber an sich doch kein schlechter Mensch?! Oder?
Fragen, die Anna quälen und nicht mehr loslassen. Fragen, die ihr vor ein paar Monaten noch absurd erschienen wären. Aber nun war alles anders.
Nach langem Überlegen entschied sie sich: Anna würde den Weg ihres Vaters einschlagen und dem Russen Maxim helfen. Aber auch danach reißt ihr Zwiespalt nicht ab. War es richtig, was sie getan hatte? Aber selbst wenn nicht, sie konnte ihn doch jetzt; jetzt, wo sie schon ein gutes Versteck, den alten Moserwaldbunker, für ihn gefunden hatte, nicht wieder im Stich lassen? Nein, das hätte ihr Vater nicht getan. Nie!
Aber nicht nur Annas innerer Konflikt und ihr ständiger Zwiespalt machen die Sache von Mal zu Mal komplizierter: Die Front wird immer weiter zurückgedrängt, die Feinde rücken näher. Und da ist immer noch Felix. Ihm bleiben die Veränderungen seiner Schwester nicht verborgen und er wird misstrauisch. Und für Anna stellt sich immer öfter die Frage: Wäre er bereit seine eigene Schwester zu verraten?
Gudrun Pausewang schafft es in ihrem Jugendroman, kritische Themen gekonnt zu vereinigen: Der Verlust eines geliebten Menschen, die Frage, des Rechts und Unrechts, nach Gut und Böse und der Grenze dazwischen. Die Beurteilung eines Menschen und Vorurteile gegen ihn. Und nicht zuletzt das Problem, wem man nun glauben sollte. Sich selbst und seinem Gefühl? Oder doch nicht?
Das geschickt gewählte personale Erzählverhalten und sprachliche Mittel wie der innere Monolog unterstützen den Prozess sich mit Annas Gefühlen und Gedanken zu identifizieren – eine große Stärke des Buches. Da Anna nicht von Anfang an den Nationalsozialismus entschieden ablehnt und erst im Verlauf der späteren Handlung beginnt, ihre Einstellung konkret zu ändern, wird dem Leser keine absolut einseitige Sicht des Geschehens geliefert. Die zusätzlichen Belastungen und Probleme, mit denen die Hauptperson zu kämpfen hat, wie der Verlust ihres Vaters, verleihen der Haupthandlung erst wirkliche Authentizität und helfen vor allem, sich mit der Hauptperson zu identifizieren.
Der Schreibstil des Buches ist einfach gehalten und auch der Sprache der damaligen Zeit nachempfunden. Daher lassen sich zwar keine großen sprachlichen Besonderheiten und Gewandtheiten, dafür aber eine für Pausewang typische Symbolik und symbolische Reflexion finden. Ein Beispiel dafür wäre ein Aufsatz, den Anna in der Schule unter dem Thema „Dulce et decorum est pro patria mori“ („Süß und ehrenvoll ist es, für das Vaterland zu sterben“) verfassen muss. Da diese Deutsch-Arbeit von Anna gen Ende des Buches geschrieben wird, hat die Hauptperson bereits eine freundschaftliche Beziehung zu Maxim aufgebaut und sich ausgiebig mit solchen Themen beschäftigt. Dies lässt sich auch in ihrem Aufsatz wiedererkennen. So lautet ihr Schlusssatz der Schularbeit: „Ich glaube, es ist mindestens so ehrenvoll und ganz sicher süßer, für das Vaterland zu leben!“ (156)
Eine weitere symbolische Reflexion ist auch darin zu sehen, dass kurz nach Schreiben dieses Aufsatzes die feindlichen Armeen auch in Annas Heimatstadt einziehen, und das Chaos einzieht. Anna hat nie erfahren, ob irgendjemand ihre Gedanken und Gefühle zum sogenannten „Vaterland“ gelesen hat.
Das Buch ist für alle Leser, die keine allzu hohen sprachlichen Anforderungen stellen und sich mit dem Thema Nationalsozialismus, Krieg und Frieden, aber auch inneren Konflikten auseinander setzen möchte, gut geeignet. Die Geschichte an sich bietet viele inhaltliche Wiederholungen, eines Teils wegen der hauptsächlich inneren Handlung, eines Teils auch um Spannung zu erzeugen, da sich die Handlung bei jeder weiteren Wiederholung steigert und schließlich zum Ende gelangt.
Die gekonnt eingewebte Symbolik verleiht dem Buch etwas Besonderes, was jedoch leider mit dem nüchternen Schreibstil an Wirkung verliert. Auch der innere Konflikt hätte meiner Meinung nach durch eine nicht ganz so einfache Ausführung der Sprache mehr Eindruck hinterlassen. Dennoch sollte dies Lesern, die sich ernsthaft mit dem Buch auseinander setzten wollen, keine allzu großen Schwierigkeiten bieten, solange sie die Gefühlswelt Annas nachvollziehen können.
Alles in allem ist das Buch für interessierte Leser weiterzuempfehlen.
Viel Spaß beim Lesen!
Version 2: Folgende Rezension wurde eingeschickt von Isabel.
Das Leseparadies-Team dankt ihr für ihre erste und hoffentlich nicht letzte Kritik.
Die Verräterin
Das Buch „Die Verräterin“ von Gudrun Pausewang spielt in Deutschland Ende des 2. Weltkrieges. Es geht um die 16-jährige Anna die einem flüchtigen russischen Kriegsgefangenen hilft und versucht das Ende des Krieges zu überstehen ohne von ihren Mitmenschen beispielsweise ihrem Bruder Felix als Verräterin entlarvt zu werden.
Als die 16-jährige Anna am Abend vom Bahnhof in ihr Heimatdorf läuft entdeckt sie auf dem Weg ungewöhnliche männliche Fußspuren die nicht auf der festgetretenen Spur, sondern quer durch den Wald führen. Sie entdeckt Zuhause vor der Scheune ihrer Familie dieselben Fußspuren wie im Wald. In der Scheune findet sie einen todkranken Mann, von dem sie glaubt, er sei ein Irrer, der aus einer Anstalt ausgebrochen sei. Sie versorgt den Mann mit Essen und warmen Decken. Als ihr Bruder ihr später erzählt, dass acht Russen ausgebrochen sie von denen nur noch einer gesucht wird begreift sie, dass der Mann in der Scheune der letzte Russe ist, und dass sie, wenn sie ihn nicht sofort verrät selbst zu einer Verräterin des deutschen Volkes wird. Anna beschließt dem Russen zu helfen, will aber ihre Familie nicht in Gefahr bringen und erzählt deshalb niemandem etwas von dem Flüchtling. Das Mädchen packt einen Rucksack mit Geschirr Decken und Essen und bringt den Kranken in einen Bunker in der Nähe.
Anna denkt in den nächsten Tagen viel über Politik nach und kritisiert Hitlers Einstellungen. Sie fährt mit dem Zug nach Schonberg, wo sie Werktags zur Schule geht, dort will sie Weihnachteinkäufe machen. Sie verändert ihre Einstellungen gegenüber Russen wobei nicht zuletzt Frau Beranek, die Frau die Anna in Schonberg bei sich wohnen lässt, die Finger im Spiel hat da sie den Krieg verabscheut, weil ihr Mann vor kurzem umkam. In den nächsten Wochen versorgt Anna weiterhin den Mann im Bunker. Sie ist zwar immer noch misstrauisch diesem gegenüber bekommt aber immer mehr Vertrauen zu ihm. Felix der Bruder Annas ein leidenschaftlicher Verfechter der deutschen Politik wird misstrauisch aber Anna kann seine Zweifel durch eine Notlüge vernichten. Da Anna nun unter großem Druck steht weiht sie Frau Beranek ein diese verspricht zu helfen und gibt ihr viele notwendige Dinge für den Russen. Am Tag vor Weihnachten schenkt ihr der Russe einen Stern aus Spänen worüber sie sich sehr freut. Felix bekommt den Welpen Donar um den er sich rührend kümmert und er übt schießen mit seinem neuen Luftgewehr, um die „Feinde“ zu erschießen können. Der Russe sagt Anna seinen Namen, Maxim. Er bekommt von dem vielen eingeschlossen sein, einen Tobsuchtsanfall, beruhigt sich aber bald wieder. Der Kreis der Feinde zieht sich immer enger um Deutschland, was den Russen erfreut und Anna beunruhigt. Felix macht Anna immer mehr Angst da er fast krankhaft versucht dem deutschen Volk zu dienen. Anna begreift dass Maxim kurzsichtig ist und versucht ihm eine Brille zu besorgen. Vergeblich. In Schonberg wird nun alles evakuiert und so muss Anna auf die Hilfe von Frau Beranek verzichten. Maxim gibt Anna durch Zeichnungen zu verstehen, dass er 24 Jahre alt ist aus Leningrad komme und Lehrer sein, um ihn nicht unglücklich zu machen verschweigt Anna ihm dass Leningrad schon vor längerer Zeit eingenommen wurde. Anna kommt auf die Idee Maxim die Brille ihrer Großmutter zu geben, die letztendlich passt. An einem Donnerstag kommt die Nachricht, dass Annas älterer Bruder Seff gefallen ist, was sie unglücklich macht, da er gegen die Russen gekämpft hat und so auch von einem getötet wurde. Anna wird klar, dass sie sich vor Felix in Acht nehmen muss, denn er verrät zwei Deserteure die bei Annas Familie Unterschlupf gesucht haben. Felix fängt Anna vor dem Wald ab und bittet sie ihm ihr Ehrenwort zu geben, dass sie niemanden im Wald verstecke. Das bereitet ihr große Schwierigkeiten, da sie bei einem Ehrenwort bis jetzt noch nie gelogen hat. Felix bittet Anna Donar mit in den Wald zu nehmen sie nimmt ihr zwar bringt ihn aber zu ihrer Großmutter. Fast vor dem Bunker angekommen rennt der Hund ihr plötzlich entgegen, sie versucht ihn zurückzuscheuchen doch der und bellt nur. Da wird Anna wütend und wirft dem Hund einen Stein an den Kopf der ihn umbringt. Die Nachricht von Donars Tot trifft Felix um so mehr da Hitler zur selben Zeit stirbt. Die Russen rücken nun immer näher und so auch die Gefahr.................................
Annas Geschichte wird nun bis zum Höhepunkt immer spannender.
Ich fand das Buch mittelmäßig gut, da es einige sehr langweilige zäh dahin fliesende Stellen gibt. Sehr gut finde ich das man sehr viel aus der Politik erfährt und auch Annas Gedanken und Ängste kennt. Die Figur Maxim ist, wie ich finde, eine sehr gut gelungene Figur, die mir gut gefallen hat. Das für Gudrun Pausewang typische Ende fand ich teils gut teils schlecht, gut finde ich, dass man sich über den Ausgang der Geschichte Gedanken machen muss, aber schlecht finde ich, dass die Geschichte vom Schreibstil her wie eine wahre Geschichte erzählt wird und man letztendlich wissen will was denn nun „wirklich“ geschehen ist.