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TränenLeben

Titel: TränenLeben
Autor: Nathaneal
Thema des Textes: Dialog zwischen zwei Ertrinkenden
Art des Textes: Dramatik, Dialog
Sonstiges: Dieser Text wurde für das 3. Augsburger Lesebuch "Schreibfluss" eingeschickt.
Eingeschickt am: 05. August 2007


Der Text:

TränenLeben

(Zwei sitzt mitten im Sand, in einer verdreckten Kleidung. Eins kommt hinzu. Er scheint tagelang durch die Wüste geirrt zu sein; seine Kleidung ist zerrissen und von langen Märschen durch diese Einöde gezeichnet. Weit und breit nichts als Sand zu sehen.)

E i n s: Wo gibt’s hier denn etwas Wasser zum trinken?
Z w e i: Für das Wasser, mein Herr, müssen sie schon etwas weiterlaufen! Hier gibt es keines!
E i n s: Wo gibt es denn dann Wasser?
Z w e i: Wer weiß?
E i n s: Aber sie müssen es doch wissen!
Z w e i: Muss ich das?
E i n s: Woher haben sie denn dann ihr Wasser?
Z w e i: Wir brauchen kein Wasser?
E i n s: Sie brauchen keines?
Z w e i: Keines.
E i n s: Aber ... wovon leben sie denn dann?
Z w e i: Leben wir etwa?
E i n s: Etwa nicht?
Z w e i: Wer weiß?
(Pause)
E i n s (drängend): Wo gibt es hier denn nun Wasser?
Z w e i: Irgendwo – hinter diesen Wüstenbergen, sagt man mir!
E i n s: Welche Wüstenberge?
Z w e i: Na diese – oh, sie haben Recht! Gestern waren sie noch da! Naja, sie werden schon wiederkommen!
E i n s: Sicher?
Z w e i: Nein, eigentlich nicht!
E i n s: Aber, was soll ich denn nun machen?
Z w e i (geistesabwesend): Ich weiß nicht. Wollen sie vielleicht ein Schlückchen trinken?
E i n s: Wasser?
Z w e i: Nein! Wasser – sie kommen auf Ideen!
E i n s: Aber was soll man denn dann trinken?
Z w e i (verwirrt): Ich weiß nicht. Wollen sie etwa trinken?
E i n s: Sie haben mir doch gerade etwas zu trinken angeboten.
Z w e i: Ehrlich? Nun gut, nehmen sie doch eine Hand voll Sand.
E i n s: Sand?
Z w e i: Sand.
E i n s: Zum Trinken?
Z w e i (überrascht): Sie können Sand trinken? Lustig!
E i n s: Trinken sie denn keinen Sand?
Z w e i: Ich? Nein, ich trinke nie!
E i n s (erschöpft): So etwas dachte ich mir schon!
Z w e i: Schön.
(Pause)
E i n s (entnervt): Ich gehe nun Wasser suchen!
Z w e i: Tun Sie das!
E i n s: Wenn die Wüstenberge nicht zu mir kommen wollen, komme ich eben zu ihnen. In ihrer Nähe werde ich schon Wasser finden!
Z w e i: Bestimmt.
E i n s (zögernd): Also ich geh jetzt.
Z w e i: Nur immer Voran! Aber nehmen sie doch etwas Sand mit – für Unterwegs!
E i n s (trocken): Danke.
Z w e i: Gern geschehen!

(Zwei Wochen später – Eins kehrt zurück!)

E i n s: Da bin ich wieder!
Z w e i (blickt Eins prüfend an): Haben sie Wasser gefunden?
E i n s: Nein!
Z w e i: Sand?
E i n s: Gab es in Mengen.
Z w e i: Durst?
E i n s: Was ist das?
(Zwei steht auf)
Z w e i (klopft den Sand von seiner Hose): Tja, jetzt wissen sie es auch!
E i n s (nickt): Ich weiß es!
Z w e i: Dann kann ich ja gehen!
E i n s: Wohin?
Z w e i: Dem Tode entgegen.
E i n s: Gut!
Z w e i: Sie erklären es dem nächsten?
E i n s: Natürlich!
Z w e i: Dann geh ich nun!
E i n s: Auf Wiedersehen!
Z w e i: Auf Wiedersehen!

(Zwei ab, dem Tod entgegen, von Weitem nähert sich eine neue Gestalt.)

E i n s: Er wird es auch begreifen. Bestimmt!

(Drei nähert sich, seine Kleidung und Erscheinung ist der von Zwei und Eins sehr ähnlich)

Drei: Wo gibt’s hier denn etwas Wasser zum trinken?
Z w e i: Für das Wasser, mein Herr …
(Die Geschichte wiederholt sich. Wochen und viele tausende Sandkörner verwehen.)

(Szenenwechsel: Im Tod. Eins und Zwei treffen sich wieder)

E i n s: Da sind wir nun.
Z w e i: Da sind wir.
E i n s: Seltsam. Fast scheint es so, als wären wir dort, wie damals. Aber es war anders.
Z w e i: Ja, das war es. Da war etwas … Sand …
E i n s (träumerisch, als könnte er sich nicht mehr an dieses Wort erinnern): Sand? Sand …
(kleine Pause)
E i n s (zögernd): Darf … darf ich Sie etwas fragen?
Z w e i: Natürlich.
E i n s: Wie haben Sie überlebt? Vorher? Wie?
Z w e i: (überlegt einen Moment) Irgendwann einmal, da bin ich zu diesem Punkt gekommen. Voller Sand. Alles war verstaubt, zugedeckt von einem langen Schal aus rötlichen, gemahlenen Fels. Und da, dort an dieser Stelle, da fand ich den Punkt, an dem ich nicht mehr weitekonnte. Ich nehme an, Sie wissen, was ich meine?
E i n s (nickt stumm)
Z w e i: Anfangs da habe ich mich einfach fallenlassen. Einfach so.
E i n s: Und … dann?
Z w e i: Nun, dann kamen sie.
E i n s (nickt)
Z w e i: Die Tränen. Ich habe geweint. Das erstemal seit … seit …
E i n s: … dem Wehen des Sandes.
Z w e i (nickt): Ja. Zum ersten Mal. Wie seltsam diese eine erste Träne schmeckte. Anders als alle folgenden, nicht dass ich sie hätte zählen können. So salzig und unheimlich süß.
Diese erste Träne ist alles, an was ich mich noch exakt erinnern kann. Ich weiß noch genau, sie ist hier entlang gefahren, sehen Sie. Und dann da, über die Wange, das Kinn und dann …
E i n s: … gefallen. Auf den Boden. (nickt)
Z w e i: Auf den Sand. Und sie ist liegengeblieben. Auf dem Boden. Nicht davon geronnen, nicht gegangen. Sie ist geblieben. Die erste, die geblieben ist.
Ich habe weitergeweint. Und sie kamen alle. Manche gingen. Wenige verschwanden völlig. Und ein paar, die blieben auch.
All diese Tränen, sie kamen und gingen. Ein paar liebkosten meine Wange, ein paar kitzelten mich, keine störte mich und alle heilten sie mich.
An jenem Tage, habe ich gelernt, von den Tränen zu leben.
E i n s (nickt langsam): Von seinen Tränen zu leben … und selbst eine werden.
Z w e i (schmunzelt): Vermutlich.
E i n s: Wahrscheinlich. (Wendet sich ab und macht sich zum Aufbruch bereit.)
Z w e i: Moment! Ich … ich wollte … Was war bei Ihnen? Vorher?
E i n s: Das werde ich wohl dem Dritten erklären, nicht wahr?
Z w e i (zögert): Ja … das werden sie vermutlich.
E i n s: Ganz bestimmt.
(Eins wendet sich ab, geht weiter; Zwei bleibt zurück. Einige wenige Sandkörner vergehen.)
Z w e i (ruft hinter Eins her): Moment noch! Noch etwas: Was meinen Sie, was aus den Tränen wohl geworden ist?
E i n s (lächelt): Sand, mein Lieber. Sand.

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